Psychologie

Warten auf den richtigen Zeitpunkt

Wie finde ich heraus, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist?  Der richtige Zeitpunkt für den nächsten Schritt. Was, wenn es der falsche Zeitpunkt ist? Was passiert mit mir, wenn ich mich irre? Wie kann ich reagieren, wenn meine Entscheidung mich unaufhaltsam in den Abgrund stürzt? Wenn sich meine Kühnheit als Dummheit entpuppt und alle es mitbekommen? Könnte es sein, dass meine Träume, gemessen an der Realität, wie Hirngespinste erscheinen werden? Ich könnte scheitern. Was dann? Ich warte vielleicht lieber auf den richtigen Zeitpunkt, denn der scheint noch nicht gekommen zu sein. Ich hätte ein anderes Bauchgefühl. Ganz gewiss.

Mir sind solche Gedanken nicht fremd. Es löst Angst aus, etwas Neues zu wagen. Außerdem ist es unsäglich anstrengend. Man muss seine Komfortzone verlassen. Es ist leicht und fühlt sich gut an auf gewohnten Pfaden unterwegs zu sein. Warum sollte ich zu neuen Ufern aufbrechen? Dort lauern nicht einschätzbare Gefahren. Da muss doch der Leidensdruck in der gegenwärtigen Situation schon erheblich sein.

Oder man hat das Herz einer Abenteurerin, die für das berauschende Glücksgefühl einer neuen Erfahrung bereit ist, Risiken einzugehen. Okay, das klingt sehr romantisch. Ich weiß noch, wie ich ganz fest davon ausgegangen war, dass ich jeden Moment ohnmächtig, abstürzen und dann sterben werde, als ich meine erste Soloplatzrunde mit einer alten Cessna flog. Das war eine gewaltige unmittelbare Angst, die mich komplett überwältigt hatte. Nach diesem Flug an einem glühend heißen Frühlingstag, schloss ich unverzüglich eine weitere Runde an. Schweißgebadet mit schlotternden Knien und rasendem Herzen flog ich ein zweites Mal allein in der kleinen engen lauten Maschine. Ich musste es tun, sonst wäre ich vermutlich nie mehr eingestiegen. Das ist 10 Jahre her. Vor ungefähr fünf Jahren machte ich dennoch den Fehler: Ich vermied. Damals in der Motorradausbildung fiel mir die schwere Honda bei einer Wende in einer schmalen Seitenstraße um. Vor den Augen anderer. Es war mir unglaublich peinlich. Und … ich hatte diese intensive Angst. Zwar fuhr ich die Fahrstunde tapfer zu Ende, aber in diesem Moment war mein erster Versuch den A-Führerschein zu machen gescheitert. Ich stieg lange Zeit nicht mehr auf’s Motorrad. Ich hatte meine Angst siegen lassen.

Jedes Wagnis, jedes Abenteuer kostet Schweiß verursacht durch Angst und Anstrengung. Angst ist ein wichtiges Gefühl. Ein Ratgeber, ein Warnsignal, ein Wachrüttler. Und Mut ist eine innere Haltung und Bereitschaft die hilft mit der Angst sinnvoll umzugehen. Ich glaube, dass man lernen kann Angst erfolgreich zu bewältigen. Und manchmal macht das Bezwingen der Angst sogar Spaß oder erzeugt ein unbeschreibliches Hochgefühl. Ich bin vermutlich ein Adrenalinjunkie, aber ich bin keine, die ihr Leben leichtsinnig riskiert. Jedes Abenteuer lässt mich spüren, dass ich lebe, dass ich schwierige Herausforderungen meistern kann und gibt mir Lebensfreude und Zuversicht in meine Fähigkeiten. Ich habe Lebensängste und Angst davor, Fehler zu machen. Aber ich weiß, dass eine mutige Haltung mich weit bringen kann und dass Warten häufig bedeutet, dass die Angst gesiegt hat.

Autor

... ich arbeite mit Klient*innen, Paaren und Gruppen, ich gebe Seminare und Workshops. Anfragen gerne per E-Mail an kontakt [ät] bameier.de