Psychologie

Jeden Tag ein bisschen besser

Wohlbefinden, Zufriedenheit, Spaß am Leben, wie immer man es auch nennt. Wie kann man das erreichen? Ich finde, „es“ passiert im Alltäglichen, nicht ausschließlich in den ganz besonderen oder großartigen Momenten, die sind ja eher selten. Und oft sind die großartigen Momente, wenn man es sich recht überlegt, auch häufig stressig. Dauerhaftes Wohlgefühl macht sich eher an einer überdauernden Gestimmtheit fest. Ich meine damit kein andauerndes Hochgefühl. Ich meine sich etwas besser als durchschnittlich zu fühlen, an den meisten Stunden des Tages. Nicht jeden Tag, denn jeder hat gute und schlechte Zeiten, aber doch an vielen Tagen. Vielleicht wäre es ein gutes Ziel, wenn ich mir vornehmen würde, mich häufiger etwas besser als durchschnittlich fühlen zu wollen. Jeden Tag ein bisschen besser. Ungeachtet, ob ein schlechter Tag dazwischen kommt oder mir der Alltag Stöcke zwischen die Beine wirft. Persönliches Wohlgefühl hängt vermutlich nicht unwesentlich von Kontinuität ab. Egal welches Ziel ich verfolge, um meinem persönlichen Glück näher zu kommen, brauche ich eigentlich fast immer eine große Portion Beharrlichkeit. Wenn ich gesünder leben will, dann möchte ich mich vielleicht besser ernähren, mich mehr bewegen und soziale Kontakte pflegen. Viele vergessen, das sind gleich drei gewaltige Lebensbereiche, die zukünftig alle mehrfach am Tag verändert sein wollen, wenn ich es wirklich ernst meine. Mehrfach am Tag für den Rest meines Lebens. Soll heißen, Verhaltensänderung ist keine einmalige Anstregung, sondern ein Lebensstil. Es erfordert viel Training und dies erfordert Motivation und etwas, das ich selber in meinem Leben mühsam lernen musste, Selbstdisziplin. Um meine Selbstdisziplin zu verbessern muss ich eines tun, und ich muss das wissen, denn ich habe viel ausprobiert: Man muss handeln. Nicht planen, nicht überlegen, nicht abwägen, nicht drüber schlafen, mit niemandem erst mal reden und auch nicht auf den richtigen Moment warten, der wird eh niemals kommen. Handeln bedeutet, Dinge jetzt tun. Handeln bedeutet, den gegenwärtigen Moment zu nutzen. Und erst wenn ich bereits handele kommen zwei weitere Dinge: Erstens, ich definiere meine konkreten (Teil-)Ziele und zweitens, ich überwache mein Verhalten. Dies kann sehr individuell erfolgen. Selbstdisziplin kann man trainieren. Mittlerweile suche ich immer wieder im Alltag nach sinnvollen Trainingsmöglichkeiten für meine Selbstdisziplin.

Und hier noch die gute Nachricht: Veränderungen beginnen mit kleinen Schritten. Ich definiere also mein konkretes Ziel und lege den ersten kleinen Schritt fest. Mehr Bewegung kann heißen, jeden Tag die Treppe zu nehmen, statt der Rolltreppe. Gesünder essen kann bedeuten, dass ich Fertigpizza an 6 Tagen in der Woche weglasse. Erst wenn ich das etabliert habe, kommt das nächste Ziel. Und so weiter. Etabliert ist eine kleine Verhaltensänderung erst dann, wenn ich das neue Verhalten bereits 12 Wochen lang durchgehalten habe. Ich sollte nur Verhalten ändern, das mir wichtig ist. Wenn etwas nur wünschenswert ist, aber nicht wirklich meinen Ehrgeiz weckt, dann werde ich es nicht durchhalten. Ich schreibe hier also von den wirklich wichtigen Dingen, die ich mit meinem persönlichen Wohlbefinden in Verbindung bringe. Anstatt von Crashkurs zu Crashkurs zu hetzen, plädiere ich für die langsamen und stetigen Verhaltensänderungen. Die sind nicht spektakulär, sondern nachhaltig. Für mich persönlich ist das beispielsweise die Bewegung draußen in der Natur. Das habe ich in diesem Jahr leider wirklich schleifen lassen. Das hat natürlich wichtige Gründe gehabt, dass ich dieses Ziel aus den Augen verloren hatte. Nun ist es also Zeit, mir dieses Ziel zurückzuerobern. Mein erster kleiner Schritt ist der Sonntag, mein freier Tag. Bereits seit zwei Wochen achte ich darauf, an diesem Tag etwas draußen zu unternehmen, mit mir allein oder mit Freunden und immer in Bewegung. Ich kann aber erst sicher sein, dass ich diesen Schritt wieder in meinem Leben erfolgreich installiert habe, wenn ich Anfang September immer noch gerne am Sonntag in der Natur bin. Und dieser Artikel ist gleichzeitig Selbstverpflichtung und Erinnerung in einem ;-)

Zusammenfassend lässt sich also schreiben, dass man Ziele durchaus aus den Augen verlieren kann, wenn man plötzlich andere höher priorisierte Ziele verfolgt, wie es mir in diesem Jahr mit meinen Bewegung- und Draußen-Zielen passiert ist. Verloren gegangene Ziele kann man reaktivieren und mit oben beschriebener Strategie zurückgewinnen. Wir können eben doch nur eine begrenzte Anzahl von Zielen gleichzeitig jonglieren und das sollte uns bewusst sein. Es ist kein Problem seine Ziele mal aus den Augen zu verlieren, wenn man sich dadurch nicht entmutigen lässt sie wieder ins Visier zu nehmen. Und darin bin ich für mich schon deutlich besser geworden. Jeden Tag ein bisschen besser bedeutet, dass man jeden Tag nutzen kann, seinen Zielen ein wenig näher zu kommen und damit die Chance hat, sein Wohlbefinden zu verbessern.

Und wie das geht mit dem achtsam draußen sein, habe ich in der Episode Entschleunigung in meinem Podcast erzählt.

Viel Spaß beim Ziele verfolgen!

Autor

... ich arbeite mit Klient*innen, Paaren und Gruppen, ich gebe Seminare und Workshops. Anfragen gerne per E-Mail an kontakt [ät] bameier.de